„Wissen Sie was, die Adventszeit steht mir echt bevor“, sagte gestern ein alter Mann zu mir, mit dem ich anlässlich des Todes seiner Frau sprach. Es war vier Uhr nachmittags und die Dämmerung senkte sich übers Haus. Die Lampe über dem Tisch hatte er noch nicht eingeschaltet. Die Kerze neben dem Bild seiner Frau brannte bisher nicht.

Sie waren zum Greifen nah, die Dämonen der Finsternis. Mit ihrem Auftauchen rückt die Adventszeit in bedrohliche Nähe. Nur noch wenige Tage, dann beginnen die Wochen, die uns auf das Weihnachtsfest vorbereiten sollen.

Viele freuen sich auf ihren Adventskranz, auf Kerzenschein, auf selbstgebackene Plätzchen. Sie sehnen herbei, endlich auf den Weihnachtsmarkt gehen zu dürfen, Schmalzkuchen zu essen und Glühwein zu trinken. Sie wollen es gemütlich haben und familiär und jeden Tag ein Türchen öffnen, bis das ersehnte Fest bevorsteht.

Andere sehen den Wochen vor Weihnachten mit Skepsis entgegen. Sie fürchten die vielen Weihnachtsfeiern und den Stress, den ihnen das Kaufen der Geschenke verursacht. Sie fürchten die große Familie, die Arbeit im Vorfeld der Festtage und wissen schon vorher, dass sie anschließend aufatmen werden: zum Glück ist alles vorbei!

Wie auch immer die individuelle Perspektive ist. Advent und Weihnachten bringen Wochen mit sich, in denen die Familie eine größere Rolle spielt als sonst im Jahr. Bei vielen, aber nicht bei allen. Denn es gibt andere, bei denen ist die Einsamkeit anlässlich des Festes ein großes Thema. Zum Beispiel bei trauernden Menschen.

Aus der Perspektive trauernder Menschen sieht es so aus, als würden alle anderen im Advent und zu Weihnachten ausnahmslos schöne, gemütliche, von Kerzenlicht erleuchtete Tage im Kreise ihrer Familie verbringen. Sie erinnern sich schmerzlich an die Zeiten, in denen es bei ihnen ebenso war. Vom Kopf her wissen wir, dass es diese verklärte Weihnachts-Familien-Welt nicht wirklich gibt, aber in der Erinnerung und in der Verklärung spielt dieser Punkt eine große Rolle.

Diese Vorstellung macht das erste Weihnachtsfest, bei dem der Partner, die Partnerin oder ein anderes Mitglied der Familie fehlt, besonders schwer. Die Adventswochen, die Wochen der Dunkelheit, sie tun ihr Übriges dazu. Da sind die Weihnachtstage nur das Einsamkeitstüpfelchen auf dem schwarzen i.

In der Advents- und Weihnachtszeit brauchen Trauernde besondere Unterstützung. Sie brauchen haltende Strukturen. Sie brauchen sensible Menschen an ihrer Seite, damit die Lücke nicht ganz so schmerzt, die die verstorbene Person hinterlassen hat.

Ob es nun Weihnachten selbst ist oder die Idee von Weihnachten. Trauer tut weh, besonders zum Fest der Feste.

Ich wünsche dir von Herzen eine einfühlsame Woche von Mittwoch zu Mittwoch,

deine Katharina

Zitat der Woche: „Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen.“ (Konfuzius)